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GIBT'S NICHT NOCH WAS BESSERES?

Aktualisiert: 26. Mai 2024

vom Verzweifeln und Vergleichen


Ich gehöre ganz klar zu den Menschen, die davon überzeugt sind, dass das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist. Das ist eine unangenehme Feststellung über mich und seit mir diese Eigenschaft bewusst wurde, fällt mir auf, wie sehr ich mir damit schade.

Je wichtiger mir eine Sache ist, desto stärker zeigt sich meine Fixierung auf die scheinbar perfekten Habschaften anderer. Meine Vergleichspalette reicht dabei von Beziehungen, Klamotten, Hobbies, bis hin zu Wohnsituationen, Reisezielen und ganzen Lebensentwürfen. Je nachdem, wonach ich mich gerade sehne, es ist alles dabei. Ich bin ziemlich gut darin, etwas zu wollen und mir dann erst einmal im Internet Menschen anzuschauen, die das was ich will schon haben. Ich stelle dann entnervt fest, dass sich diese mir völlig fremden Leute scheinbar MEINE Wünsche schon längst erfüllt haben und ich nach meinem Ausflug ins digitale Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer noch an Punkt null stehe und keinen Schritt näher an die Erfüllung meiner Sehnsüchte gekommen bin.

'Wie unfair!'


Und manchmal kommt es vor, dass ich dabei bin, mir einen langersehnten Wunsch zu erfüllen und mich dann sofort entmutigen lasse, weil mir plötzlich jemand auffällt, der scheinbar das Gleiche vorhat und ich fest davon überzeugt bin: Dieser jemand macht das tausendmal besser als ich.

'So hätte ich das auch machen sollen! Na toll... dann kann ich's ja gleich bleiben lassen!'



DER SPIELVERDERBER AUS DER ERSTEN REIHE


Was ich in solchen Situationen allerdings richtig gut kann, ist mich innerlich niederzumachen. Völlig egal, wie bewusst ich mir meinen Stärken und Fähigkeiten bin, wie unerschütterlich mein Selbstwertgefühl bis dahin zu sein scheint. Wenn ich dem Zweifel die Tür öffne, macht er sich breit und frisst unaufhaltsam alles auf, was mir Halt gibt, Mut oder Freude macht.

Zweifeln. Das ist es, was ich da tue, wenn ich mich nach dem viel grüneren Gras auf der anderen Seite umschaue. Und wenn ich damit erst einmal angefangen habe, dann neige ich dazu zu VERzweifeln, an meinen eigenen Gedanken zu scheitern. Stillstand noch bevor ich richtig losgegangen bin.


Wieso mache ich das? Wann habe ich angefangen diesem Zweifel regelmäßig die Tür zu öffnen und ihn in mir wüten zu lassen? Und warum klopft er überhaupt bei mir an? Was will er von mir?


Ich glaube nicht, dass es generell unnötig ist zu Zweifeln. Es gibt ja auch Situationen, in denen Zweifel durchaus angebracht ist. Z.B. kann ich mich mit seiner Hilfe, vor Betrug schützen. Er bewahrt mich davor, zu gutgläubig und naiv durchs Leben zu hüpfen und erlaubt mir, mich an unangenehme Erfahrungen zu erinnern, um aus Ihnen lernen zu können. Soweit so gut manchmal stattet mir der Zweifel also einen Besuch zu meinem Besten ab. Oft genug macht er aber etwas anderes mit mir. Wenn ich ihn bewusst erkunde, merke ich, dass er mich aus meinem direkten Erleben heraus zieht und mir das Gefühl gibt, von außen betrachtet und verurteilt zu werden. Typische Zweifelsätze wie:


  • Was machst du da?

  • was soll das?

  • hat das einen Sinn?

  • wie sieht das denn aus?

  • das kannst du doch gar nicht!

  • das sollte sich anders anfühlen/sein/anhören


zeigen mir, dass Zweifel offenbar einen Platz in der ersten Reihe hat und sich deutlich ungeniert in alles einmischt, was ich mache oder vorhabe. Seine Fragen und Unterstellungen zerschlagen meine Entschlossenheit und hindern mich am unbeschwerten Ausprobieren und Loslegen. Unnötiger geht's eigentlich gar nicht.




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Kennst du diese Zweifelsätze? Vielleicht hast du deine ganz eigenen. Ich lade dich mit dem SOULDIVER-Symbol ein, an dieser Stelle kurz eine Pause zu machen und zu spüren, was in deinem Körper passiert, wenn du Zweifelsätze in dir auftauchen lässt.





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WENN ICH NICHT HÖREN WILL, WERDE ICH VERGLICHEN


Wenn ich versuche, mich dem Einfluss der Zweifelrufe in mir zu entziehen, kommt die ultimative Wunderwaffe zum Einsatz. Der Vergleich.

'Schau dir die an, die kann das viel besser',

'So sollte das sein'.

Völlig egal worum es geht, plötzlich bin ich scheinbar nur noch von Profis umgeben. Alles Könner, die mir meilenweit voraus sind. Was ich will, wirkt jetzt völlig lächerlich, ich kapituliere und bade in Frust. Genauso verhält es sich auch mit Entscheidungen. 'Ist das wirklich die beste Wahl? Gibt's nicht noch was Besseres?'

Erstmal Recherchieren, alle Angebote durchgehen und Rezensionen durchforsten. Sicher ist sicher... oder?


In einer Welt voller scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten, hat es Zweifel leicht, sich zwischen mich und meine Entschlossenheit zu drängeln. Seine Anwesenheit macht mich mürbe, zerlegt meine Zuversicht in kleine Einzelteile, die ich unter großer Anstrengung wieder zusammensetzen muss. Am Ende hat sich die Lust auf einen Neustart verabschiedet. Der Zauber des Anfangs ist verloren gegangen.



DEM ZWEIFEL AUF DEN GRUND GEHEN


In meinen Selbsterkundungen bemerke ich, dass die penetrante Zweifelstimme nicht meine eigene ist. Doch wenn sie nicht aus mir selbst heraus entsteht, woher kommt sie dann? Ich versuche sie zu identifizieren und erkenne dabei Stimmen aus meiner Kindheit und Jugend wieder. Lehrer, die barsch meine Klassenarbeiten oder Antworten im Unterricht kommentierten. Erwachsene, die mit meinem Verhalten als Kind nicht einverstanden waren. Und mir fällt auf, dass ihre Kritik mein Verhalten oder meine Errungenschaften vor allem dann in Frage stellte, wenn ich etwas richtig gut machen wollte. Wenn ich gefallen wollte, um gelobt zu werden. Zuneigung und Aufmerksamkeit bekommen wollte. Wenn ich zeigen wollte, was ich kann.


Durch diese Erinnerungen, entsteht ein Druck in mir, der ebenfalls schon sehr alt zu sein scheint. Der Druck, Erwartungen erfüllen zu müssen. Etwas wissen oder können zu sollen, noch bevor ich mich zu etwas äußere oder etwas angehe. Und in den Druck mischt sich Angst zu versagen und schlimme Konsequenzen zu erleben, wenn ich etwas nicht weiß oder nicht kann.

'Wie furchtbar anstrengend'.


Ich beginne Mitgefühl für diese jungen Anteile in mir zu empfinden und wünschte, es hätte in diesen Situationen damals jemanden gegeben, der gesagt hätte: 'Ist okay. Du darfst dich ausprobieren, du kannst hier grade gar nichts falsch machen.'




ERLÖSUNG DURCH NICHTWISSEN


''Sich der Tatsache zu beugen, dass man nichts weiß, und tief auf die Führung des eigenen Herzens zu hören, bedeutet Freiheit.'

-Jack Kornfield-




Je größer der Druck durch das Zweifeln und die gefürchteten Konsequenzen meiner Ahnungslosigkeit wird, desto größer wird mein Bedürfnis einfach kapitulieren zu dürfen. Zu all den unangenehmen Fragen und Kommentaren will ich einfach sagen:

'Ich weiß es nicht!' und endlich meine Ruhe haben.


Eine leise Ahnung macht sich bemerkbar, dass das tatsächlich der Ausweg aus meiner Verzweiflung sein könnte. Und dann passiert es. 'Ich weiß es nicht' denke ich und atme dabei erschöpft aus. Mein Brustkorb sackt zusammen und ich spüre Erleichterung. Immer wieder sage ich die Worte in mich hinein und spüre, wie mein Körper sich mit jedem Mal mehr entspannt. Vereinzelt ruft mir die Zweifelstimme weitere Fragen auf meine scheinbar unbefriedigende Antwort entgegen, aber ich bleibe dabei. Meine Antwort auf jede einzelne davon lautet: 'ICH WEIß ES NICHT'.


Und plötzlich wird es still in mir. Der Druck ist weg und ich bin mir auf einmal ganz sicher, dass es ok ist nicht zu wissen. Ein Kribbeln taucht in meinem Brustkorb auf und ich muss sogar schmunzeln. 'Natürlich weiß ich es nicht', denke ich, 'ich bin ja gerade dabei es herauszufinden'.




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Was erlebst du, wenn du dir den Satz 'Ich weiß es nicht' immer wieder sagst? Du kannst ihn laut sprechen oder ihn denken. Was verändert sich dadurch in deiner Körperwahrnehmung?







DER LOOP ZURÜCK IN DIE ENTSCHLOSSENHEIT


Und dann ist sie einfach so wieder da. Die Entschlossenheit. Anders als der Zweifel klopft sie nicht an und kommt auch nicht durch die Tür. Sie scheint einfach so in diesem Moment entstanden zu sein. Mit ihr baut sich auch eine stützende Kraft in meinem Körper auf. Ich bin etwas leerer im Kopf, fühle mich ein wenig zerbrechlich und trotzdem irgendwie gestärkt. Ich beginne zu verstehen, dass Zweifel mich nicht nur hemmt und verwirrt, sondern dass er mich auch verletzt, wenn er mit den unfreundlichen Stimmen aus meiner Vergangenheit zu mir spricht. Damals fühlte es sich so an, als stellten sie mein ganzes Wesen infrage und das klingt bis heute noch in mir nach.


Mit dem Zweifel immer wieder durch diesen Prozess zu gehen, hinzuspüren, wahrzunehmen und mich ins Nichtwissen fallenzulassen, bringt mich jedes Mal auf den Weg zu Mitgefühl und Verständnis mir selbst gegenüber. Immer tiefer sinkt dabei die Erfahrung in mein Nervensystem, dass ich mich in Ahnungslosigkeit hinein entspannen kann und der Erwartungsdruck aus meiner Vergangenheit mich heute nicht mehr gefangen hält. Durch die Selbsterkundung kann ich das Damals und das Hier und Jetzt getrennt voneinander wahrnehmen und neu einordnen.


Eine neue Frage taucht in dem jetzt so angenehm ruhigen Raum in mir auf:

'Also, machen wir jetzt weiter oder was?'

Und ich merke, entschlossene Fragen fühlen sich angenehm aufregend an.

'Ja, machen wir!' lautet meine Antwort.



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Wie fühlt sich Entschlossenheit für dich an? Welche Qualitäten hat sie für dich? Vielleicht möchtest du noch einmal reflektieren, wie dein Loop vom Zweifel in die Entschlossenheit für dich war? Wie hast du dich im Zweifel gefühlt und was hat sich auf dem Weg zur Entschlossenheit verändert?



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